Zusammenspiel aus Hell und Dunkel
In der Kunst von Monika Bertermann aus Neubrandenburg finden Röntgenbilder in vielfältiger Weise Einsatz: Sie werden geschreddert, übereinander gelegt, gerollt oder bedruckt. „Die Folie an sich hat ja eine besondere Haptik. Ich kann sie biegen und auch neu zusammensetzen. Ich zerschneide auch die Röntgenbilder und montiere die einzelnen Fragmente zu neuen Bildern und Objekten zusammen“, erklärt sie in einem Interview mit dem NDR.
Genauso wie es auch im datenschutzkonformen Entsorgungsprozess notwendig ist, müssen auch Künstler die Namen auf den Aufnahmen unkenntlich machen. Monika Bertermann schneidet die personenbezogenen Daten aus, wodurch spezielle Gitterstrukturen entstehen, die sie zu Türmen, Tieren oder Kissen formt. Sie sieht die Besonderheiten der Röntgenbilder vor allem in dem Spiel von Helligkeit und Dunkelheit der Aufnahmen, die sie gern als Gestaltungselement verwendet. Welcher Teil des Körpers abgelichtet wurde, spielt für die Künstlerin keine Rolle. In den meisten Fällen seien der Kopf, aber auch Rücken und Lunge, auf den Bildern zu sehen, die sie von Freunden, Bekannten und Unbekannten erhält. Als ehemalige Krankenschwester kam sie bereits in der Vergangenheit oft mit Röntgenaufnahmen in Berührung.
Röntgenkunst in der Kirche
Im vergangenen Jahr haben insgesamt 1.200 Röntgenbilder von Lungen die Fenster der Heilig-Kreuz-Kirche in München-Giesing geschmückt – ein Werk des Münchner Künstlers Christoph Brech mit seiner Idee, die Schöpfung des Menschen in ihrer Diversität und Einzigartigkeit zu zitieren. „Durch die Aneinanderreihung hunderter Lungenflügel werden die Unterschiede der menschlichen Anatomie erfahrbar“, sagte Brech gegenüber der Frankfurter Rundschau. Arztpraxen und Gemeindemitglieder stellten ihm die anonymisierten Aufnahmen zur Verfügung. Für die Gestaltung der Kirchenfenster wurde ihm der Artheon Kunstpreis von der Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche e. V. Artheon verliehen.
Verbindung von Wissenschaft und Kunst
Auch der britische Künstler Nick Veasey nutzt zusammengesetzte Röntgenbilder für seine ausgestellten Fotografien, diese stammen jedoch nicht aus dem medizinischen Bereich. Mit eigenen Geräten röntgt er Alltagsgegenstände, Autos oder Skelette. Letztere dienen vor allem als Vorlage für seine überlebensgroßen, nachgestellten Aufnahmen von bekannten Rockmusikern. Veaseys Werk gilt als klassisches Beispiel der Verbindung von Wissenschaft und Kunst.
Mode aus Röntgenbildern
Ein ebenso außergewöhnliches Projekt hat die Schmidt + Kampshoff GmbH umgesetzt: Das Unternehmen nutzte unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen Recyclingstoffe aus alten Röntgenaufnahmen wie auch Patientenakten und entwickelte daraus eigene Modekollektionen, die im Rahmen von Fotoshootings verwendet wurden. Dahinter steht die Mission, auf das große Recyclingpotenzial der Bilder und zugehörigen Akten aufmerksam zu machen. Denn Röntgenfilme enthalten wertvolle Rohstoffe wie Silber und Kunststoffe, die bei der fachgerechten Entsorgung zurückgewonnen werden.